...An Bord...

Es gab nicht jeden Tag wilde Schlachten um Schiffe, ganz im Gegenteil. Die meiste Zeit verbrachten Piraten mit gelangweiltem Warten. Ausser der Instandhaltung der Schiffe wurde die Zeit meist mit Glücksspiel oder natürlich mit Trinken totgeschlagen. Nur im Film sieht dieses Bordleben schön idyllisch aus. Die Realität war anders. Es gab viele Krankheiten und keine Medikamente. Die Nahrung war meist sehr einseitig und bestand hauptsächlich aus Schiffszwieback Mit etwas Glück waren auch einige Hennen als Fleisch- und Eierlieferanten an Bord. Auch Meeresschildkröten wurden hin und wieder gegessen. Erst Mitte des 18.Jahrhunderts beispielsweise wurde entdeckt, dass Vitamine halfen, Skorbut vorzubeugen. Statt Wasser wurde Bier in Flaschen bevorzugt, da dieses sich wesentlicht länger hielt.

Die Nächte vergingen nur nach erfolgreichen Beutezügen mit grossen Saufgelagen. In normalen Nächten schlief man dicht gedrängt im schmutzigen, dunklen, vor Ratten wimmelnden Rumpf.

Etwas Abwechslung boten gelegentlich erbeutete Gefangene. Dass diese „über die Planke gingen“, ist eine Legende. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie – falls man sie nicht gezwungenermassen als Crewmitglieder requirierte – an den Mast gehängt wurden und die Mannschaft versuchte, sie mit Flaschen zu treffen

Und kam es tatsächlich wieder zum Kapern und Plündern, bestand die Beute selten aus dem, was man sich unter einem Piratenschatz vorstellt. Viel eher waren die erbeuteten Schätze ganz anderer Natur: Gewürze, Stoffe, Nahrung, Seile. Deshalb war eine der wichtigsten Aufgaben des Kapitäns auch das Heraussuchen der „richtigen“ Gegend und der passenden Schiffe. Es gab Routen, auf denen tatsächlich wirkliche Schätze gefunden werden konnten. So transportierte beispielsweise zweimal pro Jahr die spanische Schatzflotte Millionen von Pesos in Form von Münzen und Silberbarren von Peru nach England. Wer sie kaperte, hatte ausgedient.

Piraten waren typische ‘Zuschlagen-und-Abhauen’-Kämpfer: Sie zogen es eher vor, mit Säbel und Enterhaken zu kämpfen, als dem Gegner eine perfekte Breitseite unterhalb der Wasserlinie zu verpassen

Wenn die Kanonen losdonnerten, zogen es die Piraten vor, auf der windwärtigen Seite des Gegners zu stehen, da man sonst im Pulverqualm der Kanonen nichts mehr sah.

Ein Pirat griff einen Gegner nicht allzu gern mit Kanonen an; das Motiv war Raub, und mit einem zusammengeschossenen Schiff, das gerade unterging, konnte man nicht mehr allzuviel anfangen.

Kriegsschiffe hingegen liebten es geradezu, Piratenschiffe zu den Fischen zu schicken. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass Piratenschiffe häufig mit Männern vollgestopft waren, die darauf hofften, beim Entern durch ihre schlichte Masse eine gegnerische Mannschaft überwältigen zu können.

Sie zogen schnelle Schiffe solchen vor, die schwer bewaffnet waren

Prinzipiell waren alle Männer an Bord gleichberechtigt. Über wichtige Dinge wie beispielsweise den neuen Kapitän wurde fair abgestimmt.

Der Kapitän: Die Führung des Schiffes im Gefecht war die vordringlichste Aufgabe, für die die Piratengemeinschaft einen Mann wählte. Dieser sollte der Mannschaft möglichst großes Selbstvertrauen geben, verwegen sein - pistolenfest genannt - und außerdem nach Möglichkeit noch ein fähiger Seemann.

Im Gefecht, und nur dort, hatte er eine uneingeschränkte Befehlsgewalt, der wie in der sonstigen Seefahrt unbedingt zu gehorchen war. Ansonsten war er allen anderen Piraten gleichgestellt.

Ihm stand die Kapitänskajüte zu, dort konnte aber jeder „einfache“ Pirat ungefragt hereinplatzen und die Kammer mitbenutzen.

Der Quartiermeister verwaltete das Geld und war Vertrauensperson und Sprachrohr der Mannschaft. Er wurde als zweite wichtige Instanz dem Kapitän zur Seite gewählt. Er enterte zuerst eine Prise, organisierte das „Soldbuch“ (in dem die auszuzahlenden Anteile jedes Einzelnen sowie Zeitraum der Zu- und Abgänge in der Mannschaft vermerkt waren) und führte Abstimmungen und Versteigerungen vor dem Mast durch. Auch leitete er Gerichtsverhandlungen und durfte als einziger der Mannschaft beschlossene Strafen durchführen.

Wie auch auf zivilen und militärischen Schiffen gab es bei den Piraten verschiedene hervorzuhebende Positionen, die sich z.T. besonders bezahlt machten. Dazu gehörten Bootsmann, Geschützmeister, Segelmacher, Mitglieder des Piratenorchesters und der Leutnant. Diese Posten wurden von Kapitän und Quatermeister vergeben oder von der kompletten Mannschaft bestimmt. Jeder konnte sich dann zur Wahl stellen und es wurde abgestimmt.

Der Leutnant war im Gefecht der Nachfolger des Kapitänes, falls dieser das Kommando wegen Kampfunfähigkeit nicht mehr führen konnte. Dieser Job hatte aber keine weiteren Vorteile.

Das Piratenorchester hatte die verantwortungsvolle Aufgabe, für Stimmung an Bord zu sorgen und im Kampf die Gegner mit einem Heidenlärm zu verschrecken und zu demoralisieren. Die Mitglieder der Kapelle waren vom Kampf ausgenommen, mußten dafür aber immer für Unterhaltung sorgen, auch wenn nur einer an Bord diesen Wunsch hatte

Alle Arbeiten an Bord wurden gemeinsam ausgeführt. Anker lichten, Segel setzen und Reparaturen wurden von den Spezialisten angeleitet, aber zusammen ausgeführt. Andererseits wurden Arbeiten, die nicht unbedingt zur Erhaltung der Kampfkraft notwendig waren, gern liegengelassen.

Lieber trank man Rum und vertrieb sich die Zeit mit Karten- und Würfelspielen, Schießenübungen oder Wetten.



...An Land...

Entgegen der Anahme, dass sich Beutezüge ausschliesslich auf See abspielten, wurden auch oft Küstenstädte überfallen. Beispielsweise hielt 1718 Blackbeard den Hafen von Charlestown unter Blockade und begann schließlich mit der Plünderung, was er damit erklärte, daß er “Medizin benötigte”. Man streitet sich heute, ob es Pillen “weißen Quecksilbers” waren, die er gegen seine Syphillis benötigte, oder ein neuer Vorrat an Opium.

Natürlich kam es auch vor, daß die Städter Wind von der Sache bekamen, und ihre Schätze zuvor versteckten. Genau dies widerfuhr Henry Morgan, als er 1671 in Panama ankam; er fand nicht einmal die üblichen goldenen Zeremonie-Gegenstände in den Kirchen vor, da sie zuvor von den Einwohnern der Stadt, die von seinem Angriff erfahren hatten, mit weißem Lack übermalt worden waren

Standen an Land keine Überfälle an, wurde dann meist nachgeholt, was das Zeug hielt. Nicht selten wurde der Anteil aus der letzten Beute von oft mehreren Tausend pieces of eight in nur einer Nacht mit Frauen, Rum und Glücksspiel durchgebracht. 2 pieces of eight waren ausreichend für den Kauf einer Kuh

‘pieces of eight’ oder ‘pesos de ochas’ - (eight reales coin) – galten als allgemeine Währung in der Karibik.

Pesos waren als ‘Teile von Acht’ bekannt, weil es sich um riesige Silbermünzen handelte, die man tatsächlich in acht kleinere Teile auseinanderbrechen konnte. Ein Vierteldollar wird heute noch in den USA als ‘two bits’ bezeichnet.

Die spanische Münze besaß eine Abbildung der legendären Säulen des Herkules auf der Rückseite - zwei Säulen, um die sich eine Schlange wand. Dies könnte der Ursprung des heutigen Zeichens für den Dollar “$” sein. Der Dollar geht auf den spanische Dolares, dieser wiederum auf den deutschen Taler zurück.